Das neue Betrugswarnsystem der Versicherer startet am 1. April 2011

Zum 1. April 2011 startet das neue Betrugswarnsystem der Versicherer, das nicht nur den Kraftfahrtbereich, sondern nahezu alle Sparten betrifft. Ähnlich der Schufa wird es nun als Auskunftei für Versicherer betrieben. Um Datenschutzgesichtspunkten genüge zu leisten, hat jedermann Anspruch auf Auskunft. Eine Auskunft pro Jahr ist kostenfrei.  
 
Beachten Sie: Detaillierte Angaben finden Sie in einem Informationsblatt des Gesamtverbandes der Versicherungswirtschaft (GDV), das unter www.gdv.de herunter geladen werden kann.  
 
Auf Antrag muss Auskunft gewährt werden
Das Auskunftsgesuch ist schriftlich zu richten an  
informa Insurance Risk und Fraud Prevention GmbH  
Abteilung Datenschutz  
Rheinstraße 99  
76532 Baden-Baden  
 
Das Auskunftsgesuch muss  

  • den Nachnamen und gegebenenfalls den Geburtsnamen,

  • den (die) Vorname(n),
  • das Geburtsdatum,
  • die aktuelle Anschrift (keine Postfachanschrift) sowie
  • die Voranschriften der letzten fünf Jahre enthalten.
 
Beachten Sie: Wenn Auskunft hinsichtlich eines Fahrzeugeintrags verlangt wird, müssen die Fahrzeugidentifikationsnummer und das amtliche Kennzeichen des Objekts benannt werden. Ferner bedarf es der Angabe des Halters und eines Nachweises, dass es sich bei der anfragenden Person um den Halter handelt. Letzteres lässt sich wohl am ehesten durch Übersendung einer Kopie der Zulassungsbescheinigung erledigen.  
 
Löschung unrichtiger Daten
Erweist sich ein Eintrag als unrichtig, hat der Betroffene einen Löschungsanspruch hinsichtlich der gespeicherten Daten. Auch ein Beschwerdeverfahren ist vorgesehen. Beschweren kann man sich bei der oben genannten Adresse oder beim meldenden Versicherer.  
 
Speicherungszeitraum
Daten werden für einen Zeitraum von vier Jahren gespeichert, wobei die Frist mit dem ersten Januar nach dem Eintrag beginnt. Das heißt, dass der Zeitraum maximal vier Jahre und 364 Tage beträgt. Kommt allerdings in dieser Zeit eine weitere Auffälligkeitsmeldung hinzu, bleibt der Eintrag bestehen. Maximal soll ein Eintrag über zehn Jahre erhalten bleiben. Das ähnelt also dem Flensburger Modell.  
 
Was wird eingetragen?
Nach Angaben des GDV können Personen (Versicherungsnehmer, Geschädigte, versicherte Personen, sogar Zeugen) oder Objekte wie Fahrzeuge oder Gebäude gemeldet werden.  
 
Meldekriterien sind  
  • atypische Schadenhäufungen,
  • besondere Schadenfolgen,
  • erschwerte Risiken oder
  • Auffälligkeiten im Schaden-/Leistungsfall
 
Wegen Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie ...
Dass Versicherungsbetrug verhindert werden soll, ist sicher im Interesse aller Versicherten. Einzelne Kriterien lassen aber vermuten, dass gelegentlich auch das Kind mit dem Bade ausgeschüttet werden wird.  
 
  • Fiktive Abrechnung als Auffälligkeit: So soll zum Beispiel in Zukunft registriert werden, wenn ein Fahrzeugschaden fiktiv abgerechnet wird und er „eine bestimmte Höhe“ überschreitet. Welche Höhe das ist, darüber schweigen die Pressemitteilung und das Informationsblatt des GDV. So wird demnächst die Abrechnung eines Fahrzeugschadens an einem unrepariert in Zahlung genommenen Wagen häufig zum Eintrag führen, weil die Entscheidung des Kunden, nicht reparieren zu lassen, sondern zu verkaufen, doch eher bei Schäden „einer bestimmten Höhe“ und nicht bei Bagatellen fällt.
 
  • Werden Sachverständige gemeldet? Interessant wird es zu erfahren, ob auch Sachverständige, deren Kunden - vielleicht in Regionen mit niedriger Wirtschaftskraft und damit einhergehendem Bestand an älteren Autos, bei denen es dem Halter auf kosmetische Unversehrtheit nicht so sehr ankommt - überdurchschnittlich häufig fiktiv abrechnen, unter der Rubrik „sonstige Personen“ gelistet werden. Konsequent wäre das aus den Augen eines Versicherers, der schon eine fiktive Abrechnung für eine Auffälligkeit hält. Das lässt sich ja bald durch ein Auskunftsgesuch des Gutachters feststellen. Im Informationsblatt des GDV ist jedenfalls von „Erfahrungswissen der Experten in der Betrugsaufklärungsarbeit“ die Rede.
 
  • Vier Rechtschutzfälle im Jahr: Dem Informationsblatt des GDV ist zu entnehmen, dass die Meldung von vier Rechtschutzfällen in zwölf Monaten bereits zu einem Eintrag führen soll. Bedenkt man, dass schon ein einziger unklarer Unfall zu drei Rechtschutzvorgängen führen kann, nämlich

  • einem hinsichtlich eines Streits mit der Kaskoversicherung,

  • einem weiteren mit der gegnerischen Haftpflichtversicherung wegen der Restschäden nach der Kaskoabrechnung und

  • einem wegen eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens oder gar eines Strafverfahrens,

lässt sich erkennen, wie schnell man unter Betrugsverdacht geraten kann.
 
  • Drei Sachversicherungsfälle in zwei Jahren: Gleiches gilt für die Sachversicherung. Nach Recherchen der Financial Times Deutschland soll gelistet werden, wer drei Schäden in der Sachversicherung innerhalb von 24 Monaten meldet. Kasko ist Sachversicherung, und wer in irgendeiner anderen Sachversicherung einen Schaden und dazu noch zwei Steinschlagschäden an der Autoverglasung in zwei Jahren erleidet, muss nun wahrlich kein Betrüger sein. Dafür genügt es, jahrelang dieselbe Strecke an einer Autobahnbaustelle entlang zu fahren.
 
Auch der Versicherungsnehmer einer Fahrzeugflotte dürfte eher regelmäßig mindestens drei Kaskoschäden pro Jahr melden. Für ein Autohaus wären drei Kaskoschäden in zwei Jahren in der Handel- und Handwerkversicherung auch nicht völlig ungewöhnlich. Und die werden dazu gerne noch fiktiv abgerechnet.
 
Das Versprechen des GDV
Im Mitteilungsblatt des GDV heißt es, lediglich aufgrund einer Eintragung in der Warndatei werden kein Versicherungsvertrag und keine Leistung im Schadenfall abgelehnt. Lediglich sei der Eintrag ein Grund für den Versicherer für eine genaue Prüfung.  
 
Beachten Sie: Treten in Zukunft bei einem Schadenfall unerklärliche Verzögerungen auf, besteht Anlass für den Kunden, eine Auskunft über die seine Person betreffenden Meldungen einzuholen.  
 
Fazit: Die kritischen Töne in diesem Beitrag dürfen nicht missverstanden werden. Eine effiziente Betrugsabwehr im Interesse aller Versicherten ist sehr zu begrüßen. Wir sorgen uns allerdings angesichts der beschriebenen Melde- und Eintragungskriterien, dass auch brave Bürger in die Mühlen des Registers geraten. Das kann dann wiederum zu über das übliche Geplänkel hinaus gehenden Verzögerungen in der Schadenregulierung führen. Wir werden daher die Situation genau beobachten und bei Bedarf wieder berichten.  
 

HIS Datei

Die sogenannte "schwarze Liste" der Versicherungen war bis jetzt TABU für die Konsumenten. Eine Selbstauskunft ist nunmehr für jeden möglich und einmal im Jahr kostenlos. Wie die Selbstauskunft vor sich geht, erfahren Sie auf der Webseite der Informa GmbH, die die Anträger entgegennimmt. Das Hinweis- und Informationssystem der deutschen Versicherungswirtschaft (HIS) gibt es seit 1993. Es umfaßt Einträge aus sämtlichen Versicherungssparten.
http://www.unfallzeitung.de/zeitung/sind-wir-alle-miteinander-gauner-
 

ZDF Frontal 21 – HIS-Datei (früher Uniwagnis) = Kriminalisierung von rechtschaffenen Bürgern?

 
Auf der schwarzen Liste (der Versicherer)
 

Nach fiktiver Kfz-Schadenabrechnung folgt der Eintrag ins HIS

 

Vorsicht vor sorglosem Umgang mit Vor- und Altschäden bei der Unfallregulierung

 
Die Versuchung ist manchmal groß, das Unrechtsbewusstsein entsprechend klein: Ein neuer Unfall trifft auf einen alten Schaden. Reden ist Silber, aber Schweigen soll nun Gold werden. Doch Vorsicht: Das neue System des Gesamtverbandes der Versicherungswirtschaft zur Betrugsabwehr (UE Ausgabe 4/2011, Seite 13) ist Anlass für uns, noch einmal deutlich auf die Risiken eines allzu sorglosen Umgangs mit Vor- und Altschäden hinzuweisen.  
Verschwiegene Vor- und Altschäden im Gutachten
Das Gutachten ist eine Schätzhilfe für die Ermittlung des Schadens. Die Rechtsprechung misst ihm einen hohen Wert zu, denn es ersetzt dem Geschädigten die eigene Sachkunde. Prognoserisiken, also Fehleinschätzungen des Sachverständigen, gehen dabei zulasten des Schädigers. Auch für eine insoweit falsche Expertise muss der Schädiger die Gutachtenkosten erstatten.  
 
Damit wird allerdings nicht der Gutachter geschützt, sondern der Geschädigte. Und dieser Schutzzweck setzt die Grenzen: Wenn der Geschädigte selbst die Fehlerhaftigkeit des Gutachtens verursacht hat, weil er dem Sachverständigen wesentliche Informationen verschwiegen hat, ist er nicht mehr schutzwürdig. Jedenfalls die Gutachtenkosten bekommt er dann nicht erstattet, und bei manchen Konstellationen noch nicht einmal mehr den Schaden.  
 
Die klassischen Situationen in der Praxis

  • Das Auto hatte bereits einen Altschaden, der beim Totalschaden „unsichtbar“ wurde. Der Gutachter erfährt nichts vom Altschaden und berücksichtigt ihn bei der Ermittlung des WBW nicht.

 

  • Das Auto hatte andere Beeinträchtigungen, zum Beispiel einen sich bereits erkennbar anbahnenden Motorschaden, ein laut heulendes Getriebe oder anderes. Auch das wird beim Totalschaden nicht offenbart, entsprechend ist auch hier der WBW falsch.

 

  • Das Auto hatte bereits einen Unfallschaden, der umfassend repariert wurde. Durch diesen Unfall wurde aber sein Wert gemindert. Der Geschädigte verschweigt dem Sachverständigen den Vorschaden, was abermals zu einem zu hohen WBW führt.

 

  • Das Auto hatte einen alten Unfallschaden, der nicht repariert wurde. Der neue Schaden überdeckt den alten. Der Geschädigte verschweigt dem Gutachter den Altschaden. Somit weist das Gutachten zu hohe Reparaturkosten aus.

 

  • Der neue Unfall trifft eine bisher unbeschädigte Stelle. Davon abgegrenzt existiert ein Altschaden, von dem der Geschädigte behauptet, er stamme auch vom aktuellen Unfall.

 
Großes Entdeckungsrisiko
Das Entdeckungsrisiko ist viel größer, als der Geschädigte und manche Werkstatt meinen. Das gilt jedenfalls, wenn der Altschaden bei einer Versicherung gemeldet und bereits einmal abgerechnet wurde. Denn die Versicherer sind schon bisher untereinander intensiv vernetzt. Und im neuen Betrugsabwehrsystem wird ja seit Anfang April jede fiktive Abrechnung festgehalten, und es ist durchaus damit zu rechnen, dass auch alte Informationen nachgefüttert werden.  
 
Zivil- und strafrechtliche Folgen

Bei der Beurteilung der Fallgruppen ist zwischen den zivilrechtlichen, also schadenersatzrechtlichen Folgen und eventuellen strafrechtlichen Sanktionen zu differenzieren. Denn auch wenn schadenrechtlich bei manchen Fallgruppen der totale Anspruchsverlust droht, ist das keine „Strafe“ des Versicherers, sondern eine Folge der Beweislastverteilung oder von Obliegenheiten.  
Haftpflichtschaden - in erster Linie Beweisfragen
Die nachfolgenden Betrachtungen sind unter dem Gesichtspunkt von Haftpflichtschäden zu sehen. Dort hat man es - anders als bei Kaskoschäden - vordringlich mit Beweisfragen zu tun.  
 
Totalschaden und falscher WBW wegen Altschaden
In der ersten Fallgruppe, bei der der Altschaden verschwiegen wird und unter dem Totalschaden verschwindet, was zu einem zu hohen WBW führt, bekommt der Geschädigte die Kosten für das Gutachten definitiv nicht erstattet. Denn er hat durch sein Verhalten die Fehlerhaftigkeit des Gutachtens verursacht.  
 
Ob er mit einem zweiten und insoweit korrigierten Gutachten noch zu seinem Schadenersatz kommt, hängt davon ab, inwieweit der Geschädigte den Altschaden nun noch präzise beziffern kann. Nur wenn das auf Heller und Pfennig gelingt, weil zum Beispiel noch ein altes Gutachten existiert, hat er eine Chance.  
 
Dem liegt folgende Erwägung zugrunde: Der Sachverständige ist, wenngleich über die Datensysteme eine Pseudogenauigkeit auf Euro und Cent vorgegaukelt wird, bei Licht besehen ein „Schätzer“. Wenn der Geschädigte ehrlich ist und den Altschaden offenbart, greift § 287 Zivilprozessordnung (ZPO), wonach ein nicht oder nur unter zu großem Aufwand genau bezifferbarer Schaden „geschätzt“ werden darf. Dann schätzt der Gutachter eben den Umfang des ihm beschriebenen Altschadens und nimmt das als Basis für seine Schätzung des WBW. Die unvermeidliche Schwankungsbreite geht dann in Ordnung: Es ist ja eben nur eine „Schätzung“.  
 
Hat der Geschädigte aber zu mogeln versucht, stellt die Rechtsprechung strengere Anforderungen an den Nachweis, denn sie ist dann weniger großzügig hinsichtlich der möglichen Schwankungsbreite. Weitgehend verlangt sie dann vom Geschädigten, dass er den Vorschaden sehr genau beziffert. Fehlt es dabei dann an einer ausreichenden Schätzgrundlage und ist eine zuverlässige Ermittlung des neuen unfallbedingten Teilschadens nicht möglich, führt diese Unsicherheit zum vollständigen Anspruchsverlust (OLG Düsseldorf, Urteil vom 2.3.2010, Az: I-1 U 111/09;  und AG Berlin, Urteil vom 27.7.2010, Az: 3 C 3490/08;).  
 
Dass das Ganze auch ein versuchter Betrug ist, liegt auf der Hand. Erstattet der Versicherer Strafanzeige, wird das Folgen haben. Ob der Restwertkäufer betrogen wurde, hängt davon ab, inwieweit der Altschaden für ihn kalkulationsrelevant ist. Das wird er oftmals nicht sein, denn für die beschädigte Zone gilt aus Restwertsicht: „Kaputt ist kaputt, egal ob alt oder aktuell“.  
 
Totalschaden und falscher WBW wegen sonstiger Schäden
Ist der WBW zu hoch, weil dem Sachverständigen ein sonstiger Schaden am Auto verschwiegen wurde, ist das Gutachten ebenfalls in einer dem Geschädigten zurechenbaren Weise falsch. Die Kosten für das Gutachten müssen also nicht erstattet werden.  
 
Ob der Anspruch als solcher noch zu retten ist, hängt davon ab, ob der sonstige Schaden im Nachhinein noch zuverlässig eingegrenzt werden kann:  
 

  • Ist das Auto noch vorhanden, kann der Schaden vom Unfallschaden abgegrenzt werden. Auch, wenn ein Kostenvoranschlag zum sonstigen Schaden vorlag, kann noch was gehen.
  • Ist der Wagen bereits verwertet, mutiert die Eingrenzung des sonstigen Schadens von der Schätzung zur Raterei. Damit fehlt es wieder an zuverlässigen Grundlagen im Sinne obiger Entscheidung des OLG Düsseldorf.

 
Das Strafrecht schlägt hier zweimal zu: Der erste Akt ist ein versuchter Betrug gegenüber dem Schädiger und dem eintrittspflichtigen Versicherer. Der zweite Akt ist ein vollendeter Betrug gegenüber dem Käufer des Restwerts. Denn der kauft in der Regel auf der Grundlage des Schadengutachtens. Hätte er gewusst, dass zum Beispiel der Motor oder das Getriebe nicht mehr verwertbar sind, hätte er das Wrack nicht zu dem Preis gekauft. Der Geschädigte als Verkäufer des Objektes kann sich auch nicht mit einem „Ich habe ja gar nicht behauptet, dass der Motor noch läuft …“ herausreden, denn hier liegt das Betrügen im Verschweigen.  
 
Totalschaden und falscher WBW wegen reparierten Vorschadens
Wurde ein wertrelevanter reparierter Vorschaden verschwiegen, ist das Gutachten im Hinblick auf den WBW - dem Geschädigten zurechenbar - falsch, die Kosten dafür werden nicht erstattet. Liegen zur alten Reparatur noch Dokumente vor, kann das Gutachten aber auch im Nachhinein im Rahmen des § 287 ZPO ausreichend präzise korrigiert werden. Liegen keine Dokumente mehr vor, wird es abermals eng.  
 
Ein versuchter Betrug liegt allerdings vor. Und auch der Restwertkäufer könnte betrogen sein. Das hängt davon ab, ob der reparierte Vorschaden für die Kalkulation des Restwerthändlers relevant ist.  
 
Reparaturkosten aufgrund überdeckten Altschadens zu hoch
Verschweigt der Geschädigte einen überdeckten Altschaden, ist das Gutachten im Hinblick auf die ermittelten Reparaturkosten und gegebenenfalls im Hinblick auf eine geschätzte merkantile Wertminderung - dem Geschädigten zurechenbar - falsch. Die Kosten dafür werden nicht erstattet.  
 
Der ehrliche Geschädigte wäre hier abermals in den Genuss großzügiger Schätzbandbreiten im Sinne des § 287 ZPO gekommen. Der unehrliche muss, um den Anspruch als solchen zu retten, nun aber den Altschaden im Detail belegen können. Nur so kann er dem Gutachter Material liefern, das ausreichende Grundlagen für eine nunmehr erforderliche präzise Schadenermittlung im Hinblick auf den Neuschaden möglich macht.  
 
Wichtig: Das wird oft nicht gelingen, weil die Gerichte hier mit spitzen Fingern an den Fall gehen (erkennbar bei OLG Düsseldorf, Urteil vom 2.3.2010, Az: I-1 U 111/09; und AG Potsdam, Urteil vom 10.10.2007, Az: 36 C 147/06;).  
 
Auch hier liegt wieder ein versuchter Betrug zulasten des Versicherers vor. Auch ein Betrug gegenüber der Werkstatt ist denkbar. Denn der Reparaturauftrag mit der Bitte, direkt gegenüber dem Versicherer abzurechnen, enthält die stillschweigende Erklärung, das sei auch alles abrechenbar, weil dem aktuellen Unfall zuzuordnen. Jedenfalls, wenn der insoweit unehrliche Geschädigte dann nicht selbst zur Bezahlung in der Lage ist, ist auch der für den Betrug erforderliche Schaden eingetreten.  
 
Weiß die Werkstatt allerdings vom Altschaden, weil sie den Wagen im Zustand vor dem aktuellen Unfall kennt, liegt ihr gegenüber kein Betrug vor, denn es fehlt ja am Irrtum. Allerdings wird sie dann, wenn sie die Abrechnung mit der Versicherung vornimmt, mindestens zum Beihelfer, wenn nicht gar zum Mittäter des Betrugs. Das hat sicher nicht nur eigene strafrechtliche Folgen, sondern zieht wohl auch einen Eintrag in der „Versicherungs-Schufa“ nach sich.  
 
Reparaturkosten zu hoch, da abgrenzbarer Schaden kalkuliert wurde
Wenn der eindeutig aus dem Neuunfall stammende Schaden von einem Schaden an anderer Stelle des Fahrzeugs kalkulatorisch abgegrenzt werden kann, bekommt der mogelnde Geschädigte zwar die Gutacherkosten nicht erstattet, weil das Gutachten auf seine Veranlassung hin falsch ist. Jedoch kann der Neuschaden auf der Grundlage des Gutachtens vom Altschaden abgegrenzt werden. Den Schadenanteil bekommt er dann erstattet (OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.2.2008, Az: I-1 U 181/07;). Daran ist eindeutig erkennbar, dass das Schadenersatzrecht nicht durch Anspruchsverlust „bestrafen“ darf, sondern nur der Beweisnot oder der Beweisbarkeit - die ist in obigem Fall gegeben - folgt.  
 
In dem Bestreben, dem Versicherer auch den Altschaden unterzujubeln, liegt aber ein strafbarer versuchter Betrug. Zum eventuellen Betrug gegenüber der Werkstatt bzw. zu deren Mittäterschaft gilt das oben Gesagte.  
 
Reparaturkosten bei abgrenzbaren Schäden umstrittener Herkunft
Ist umstritten, ob abgrenzbare Schäden aus dem Unfallereignis stammen, muss die Versicherung die zweifelsfrei zuordnungsfähigen Schadenanteile erstatten (OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.2.2008, Az: I-1 U 181/07;).  
 
Grundlage des Urteils war eine Kollision zwischen einem Pkw und einem Lkw, der die Vorfahrt nicht beachtet hatte. Der Frontschaden rechts am Pkw war eindeutig zuzuordnen. Jedoch war auch im seitlichen Heckbereich ein Schaden vorhanden. Nach Ansicht des Geschädigten war der auch bei dem Unfall bei einer Ausweichbewegung entstanden. Das allerdings konnte er nicht beweisen. Das Landgericht wies daher nach dem Motto „Wer zu viele Schäden geltend macht, bekommt gar nichts“ die Klage ab. Das OLG sah das differenzierter. Denn dieser Sachverhalt ist nicht vergleichbar mit dem überdeckter Schäden, bei dem der Altschaden „untergejubelt“ wird.  
 
Wichtig war für das OLG die Erkenntnis, dass der Halter die Schadenursache zwar nicht im prozessrechtlich erforderlichen Umfang beweisen konnte. Jedoch war auch nicht völlig ausgeschlossen, dass der Schaden hinten rechts doch aus dem Unfall stammte. Hinzu kam, dass der Halter den Unfall nicht selbst miterlebt hatte und sich deswegen auf die Angaben seines Fahrers stützen musste.  
 
Ist in einer solchen Situation der umstrittene Schaden technisch und rechnerisch abgrenzbar, bekommt der Geschädigte den anderen Schadenteil erstattet. Dazu reichte das vom Halter eingeholte Schadengutachten aus. Und weil nicht sicher war, dass der Halter dem Sachverständigen Vorschäden verschwiegen hat, muss die Versicherung auch die Gutachtenkosten in voller Höhe erstatten.  
 
Strafrechtlich betrachtet kann man hier entspannt bleiben. Im Zivilprozess gehen wegen der Beweislastverteilung Zweifel zulasten des Geschädigten. Im Strafrecht hingegen gilt der Grundsatz „Im Zweifel für den Angeklagten“.  
Kaskoschaden - Anspruchsverlust droht
Unter Kaskogesichtspunkten stellen sich die Fragen etwas anders.  
 
Erstattung der Gutachtenkosten meist unproblematisch
Bei einem Kaskoschaden beauftragt in der Regel der Versicherer den Sachverständigen und erstattet ihm daher auch die Gutachtenkosten.  
 
Allenfalls kann überlegt werden, ob der Versicherer einen Anspruch gegen den betrügenden Versicherungsnehmer hat, dass dieser ihm die internen Gutachtenkosten im Wege des Regresses erstattet. Das wird man wohl verneinen müssen. Denn nach gängiger Rechtsprechung ist ein Kaskogutachten ein interner Vorgang beim Versicherer für dessen Entscheidungsfindung. Auch ohne die entdeckten Alt- oder Vorschäden hätte der Versicherer das Gutachten beauftragt, sodass es sich insoweit um „Sowieso-Kosten“ handelt.  
 
Ersatzpflicht des Versicherers entfällt in der Regel
Die Ersatzpflicht für den Schaden entfällt jedoch bei allen Varianten außer der mit dem umstrittenen Schadenhergang vollständig. Hier geht es nämlich nicht mehr um die Beweisbarkeit und die kalkulatorische Abgrenzung von Alt- oder Vorschäden, sondern um die Obliegenheit des Versicherungsnehmers, den Versicherer wahrheitsgemäß über alle schadenrelevanten Fakten zu unterrichten. Verstößt er vorsätzlich dagegen, ist auch nach der Reform des Versicherungsvertragsgesetzes der vollständige Anspruchsverlust die Folge.  
 
Lediglich bei dem zuletzt geschilderten Fall des hinsichtlich seiner Herkunft umstrittenen Schadenteils ist dem Versicherungsnehmer ein Obliegenheitsverstoß mindestens nicht nachweisbar, wenn überhaupt einer vorliegt. Dann muss der eindeutige Schadenteil vom Versicherer übernommen werden.  
Imageschäden bei Werkstatt und Sachverständigem
Keine Werkstatt und kein Sachverständiger ist davor gefeit, vom Kunden unwissentlich zum Werkzeug eines Betrugs oder jedenfalls eines Betrugsversuchs gemacht zu werden. Umso wichtiger ist es, wachsam zu sein. Denn spätestens seit Existenz des neuen Betrugsabwehrsystems der Versicherer ist damit zu rechnen, dort als Beteiligter dieser Unregelmäßigkeiten registriert zu werden.